Der Zirkusreiter – Teil 7

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Letzter Teil

»Da hast du dich aber schnell getröstet«, sagt Bruno kalt, während ich ihn nur verblüfft anstarre.
»Wer ist das?«, fragt Sebastian neugierig.
Ich ignoriere ihn.
»Ja, wer ist das? Willst du mich nicht vorstellen, schöne Helena?«, spottet Bruno.
Ich habe nicht geringste Ahnung, weshalb Bruno gekommen ist. Vielleicht für ein letztes Schäferstündchen? Oder wollte er mich wirklich holen? Wovon er vermutlich Abstand nimmt, nachdem er mich in den Armen eines anderen Mannes gesehen hat. Also setzte ich alles auf eine Karte.
»Sebastian, das Bruno Brunelli, der Vater meines ungeborenen Kindes. Bruno, das ist Sebastian von Eckerfelt.«
Sebastian als meinen künftigen Ehemann vorzustellen hat sich vermutlich erledigt.
Es dauert einen Moment, bis bei beiden Männern der Groschen fällt. Doch dann ist nicht nur Bruno, sondern auch Sebastian stinksauer.
»Soll das etwa heißen, du wolltest mich heiraten, um einen Vater für deinen Bastard zu haben?!«
»Warum machst du mit dem da rum, wenn wir ein Kind erwarten – ah, verstehe! Spinnst du?!«
Die beiden können scheinbar gar nicht damit aufhören, mir lautstark zu erklären, weshalb sie mein Verhalten unmöglich finden.
Kämpferisch werfe ich den Kopf zurück. Warum meint eigentlich jeder, er könne auf mir herumtrampeln?
»Jetzt passt mal auf ihr Blödmänner!«, schimpfe ich und stampfe mit dem Fuß auf.
»Du!« Ich zeige auf Sebastian. »Dir geht’s doch nur um eine Verbindung unserer Familien, für mich hast du dich doch nie wirklich interessiert.«
Ich wende mich an Bruno.
»Und du! Hundertmal hast du mir gesagt, dass wir nicht zusammen sein könnten – bis du plötzlich mit diesem abenteuerlichen Plan herausgerückt bist. Was sollte ich wohl davon halten? Und jetzt stehst du plötzlich wieder da und spielst den Moralapostel, weil ich versuche, das Beste für unser Kind zu tun? Aber wisst ihr was? Ich habe die Schnauze voll, von euch allen Beiden. Florentina und ich, wir brauchen euch nicht, keinen von euch!«
Erst jetzt merke ich, dass mir die Tränen über das Gesicht laufen. Egal. Bloß weg hier!
Ich drehe mich und renne los.

Weit komme ich nicht.
Starke Arme umschließen mich fest.
»Helena!«, murmelt Bruno besänftigend. »Beruhige dich doch. Du hast ja Recht, ich hätte sofort zu dir kommen sollen. Ich wollte dich sicher nicht schwanger im Stich lassen – aber das konnte ich doch nicht ahnen!«
Er dreht mich um, sieht mir tief in die Augen.
»Ich bin vielleicht nicht der Mann, den du dir gewünscht hast – aber ich bin kein Dieb!«, sagt er fest.
»Du bist genau der Mann, den ich mir gewünscht habe«, schniefe ich. »Aber Sandro hat gesagt …«
Bruno packt mich an den Schultern und schüttelt mich.
»Sandro?! Was hast du mit dem Clown zu schaffen?«
Schluchzend gestehe ich die ganze Geschichte – obwohl Bruno den Eindruck macht, als könne er sich nur mit Mühe beherrschen.
»Habe ich dir nicht gesagt, du sollst nicht mit ihm reden?!«, fährt er mich an.
»Ja … aber Sandro wollte alles an meinen Vater verpetzen … oder dich einsperren lassen … aber ich wollte dich doch wiedersehen … nur noch einmal, habe ich jedes Mal gedacht …«
»Wie konntest du diesem verlogenen Hurensohn nur glauben?«, stöhnt Bruno.
Plötzlich wird mir klar, dass alles meine Schuld ist. Hätte ich Bruno nur gleich von Sandro erzählt!
»Es tut mir so leid«, schluchze ich. »Kannst du mir jemals verzeihen?«
Habe ich jetzt alles kaputtgemacht? Die Möglichkeit vertan, mein Leben mit dem Mann zu verbringen, denn ich liebe? Dem Vater unseres Kindes?
Sanft wischt er mir die Tränen aus dem Gesicht.
»Natürlich verzeihe ich dir. Ich hätte es dir erzählen sollen – ich bin tatsächlich in einem berühmten Zirkus in Italien aufgetreten. Aber es gab einen schlimmen Streit mit der dortigen Zirkusdirektorin. Eine hässliche Geschichte, bei der ich mich nicht gerade mit Ruhm bekleckert habe.«
Ich schluchze. Anstatt mir Vorwürfe zu machen, sucht Bruno die Schuld bei sich. Womit habe ich das nur verdient?
»Aber was ist mit dir und diesem reichen Fatzke?«, fragt er ernst.
»Gar nichts ist da zwischen uns passiert«, schniefe ich. »Ich dachte nur, Florentina bräuchte einen Vater.«
»Florentina?« Wunderschön hört sich das an, wenn er den Namen ausspricht. »Florentina hat bereits einen Vater!«
»Meinst du das wirklich ernst?«
»Natürlich. Nur deshalb bin ich doch hier, weil ich ohne dich nicht leben kann! Und du? Willst du lieber diesen reichen … Waschlappen haben, oder willst du mit mir kommen?«
Es zerreißt mir immer noch das Herz, wenn ich daran denke, was ich alles zurücklassen muss. Niemals wird mein Vater Bruno als Schwiegersohn akzeptieren. Dennoch nicke ich. Komme da was wolle – wir beide gehören zusammen.
»Als meine Frau?«
»Als deine Frau!«
Und dann küsst er mich endlich.

4 Jahre später

*** Pferdeshow  ›Equino‹ voller Erfolg *** Familientragödie beendet ***

von Mika Maske im Auftrag der ›Glanz & Glamour‹

Mit Spannung wurde die Premiere der Pferdeshow ›Equino‹ erwartet. Schon im Vorfeld konnte sich die Veranstaltung der Unterstützung zahlreicher Prominenter erfreuen – was nicht unerheblich damit zusammenhängen dürfte, dass es den Veranstaltern geglückt ist, die international bekannte Popdiva Samantha Silver für den Eröffnungssong der Show zu gewinnen.
Doch nicht nur Samantha schaffte es, mit ihrer Stimme zu glänzen. Auch den übrigen Darstellern der interessanten Mischung aus Musical, Theaterstück und Zirkusvorstellung gelang es mühelos, die Zuschauer mit ihrem Können zu verzaubern. Allen voran natürlich die Pferde, die ganz ohne Zaumzeug, Geschirre oder Sättel scheinbar völlig frei ihren Teil zur Vorstellung beitrugen.

Veranstalter der Show ist die Familie Brunelli – für die es nicht nur wegen der gelungenen Premiere ein unvergesslicher Tag bleiben dürfte. Wie die ›Glanz & Glamour‹ in Erfahrung bringen konnte, kam es am Rande der Vorstellung zu einer längst fälligen Versöhnung von Frau Brunelli mit ihrem Vater. Zum Zerwürfnis zwischen dem Adeligen und seiner Tochter Helena war es gekommen, als diese darauf bestand, den italienischen Vater Ihres Kindes – den Zirkusreiter Bruno Brunelli – zu heiraten. Gerüchteweise hat der Baron sogar seinen gesamten Besitz seinem Bruder Walter von Thannhofen überschrieben, damit seine Tochter nichts erbt.
Doch endlich scheint der unglückselige Streit beigelegt zu sein. Sehen Sie hier die exklusiven Bilder, wie der glückliche Großvater erstmals seine Enkelin in die Arme schließt!

*** Ende ***